3. Häuser und Straßen des Dorfs

Die Häuser und Häuschen aus alten Zeit sind, soweit ihnen die notwendig gewordenen Reparaturen im Laufe der Zeit nicht eine andere Umfassung gegeben haben, zumeist aus Holzfachwerk. Das Holz war damals billig und wurde nicht gespart. Die Neuzeit baute mit rotem Sandstein, während die Gegenwart im Fundamente Grausteine, vom Sockel aufwärts Backsteine verwendet. Alte Häuser von architektonischer Bedeutung sind nicht vorhanden. Die Bewohner von Schweinheim waren sämtlich vor alters arme Leute. Die Armut aber baute zu jener Zeit ihren Verhältnissen entsprechend. Das im Jahre 1592 aus kleinen Sandsteinen mit Quaderarmierung der Ecken erbaute Rathaus, in dessen nächster Nachbarschaft im Jahre 1660 die erste Kapelle des Ortes gestellt wurde, mochte mit seinem Spitzbogen-Eingang auf der Nordseite und mit seinen kleinen Fenstern und merkwürdig steilem Dach Bedeutung in baulicher Beziehung gehabt haben. Allein nachdem man es im Innern während der ersten Dezennien des vorigen Jahrhunderts zu Schulsälen in beiden Stockwerken umgestaltete, verlor auch das Äußere des Baues an seiner Ursprünglichkeit. Der nördliche Eingang wurde zugemauert und durch Ausbruch eines neuen gegen Süden ersetzt; um Licht für die Lehrsäle zu bekommen, wurden die kleineren Fenster beseitigt und größere geschaffen. Als noch im Jahre 1902 das alte steile Dach wegen Gebrechlichkeit einem neuen, viel niedrigeren Dache Platz gemacht und das Ganze einen neuen Verputz erhalten hatte, ist dem Baue - dank seinen festen Umfassungsmauern - seine alte Herrlichkeit genommen und ein modernes Aussehen gegeben. Die beiden Anwesen in Unterhain, nämlich Haus Nr. 8 als ehemalige Klostermühle, welche dem Schmerlenbacher Frauenkloster gehörte, und die Mühle jenseits des Miltenberger Bahndammes, welche seit 1898 von der Stadt angekauft und seit 1904 der Stadt zugemeindet ist, sind offenbar im Laufe der Jahrhunderte erweitert und umgestaltet worden, allein das altersgraue Patina eines Teiles ihrer Mauern lässt auf längeren Bestand schließen.

Als die ältesten Häuser in Schweinheim werden im Volksmunde die sogen. Hildenbrands-Häuser bezeichnet. Es sind das Häuser, deren Besitzer den nun längst ausgestorbenen Namen Hildenbrand trugen. Für Personen dieses Namens sind auch die ersten Gottesdienststiftungen gemacht. Die Hildenbrands-Häuser hatten einen sonst nicht üblichen Hofabschluß mit Mauern und einem großen Torbogen aus Stein. Als solche Häuser kommen in Betracht: das Anwesen Nr. 4 der Aschaffenburgerstraße; der Torbogen allda wurde 1863 eingelegt, an Stelle des Hofes und der nördlichen Nebengebäude das jetzige Gebäude Nr. 2 im Jahre 1902 erbaut; ferner ein im Jahre 1893 eingelegtes Anwesen am Platze des neu errichteten Wirtschaftsanwesens Nr. 18 der Marienstraße, dessen historisches Tor 1893 noch bestand, endlich das Anwesen Nr. 6 der Schulzengasse, dessen steinernen, die Jahrzahl 1608 tragenden Torbogen der jetzige Besitzer im Jahre 1878 der bequemeren Einfahrt halber abbrach. Die Hildenbrands-Häuser waren aber keineswegs die ältesten des Dorfes. Wahrscheinlicher ist, dass die Träger des Namens Hildenbrand zu ihrer Zeit zu den verhältnismäßig vermöglichsten Einwohnern des Dorfes gehörten, was ihre zweistöckigen Häuser und ihr abgeschlossener, geräumiger Hof mit Scheune zum Ausdruck brachten. Nach den Aschaffenburger Spitalrechnungen war ein Peter Hildenbrand vom Jahre 1536 - 1559 Schultheiß von Schweinheim bezw. Hayn. Nicht das Alter der Häuser, sondern der Wohlstand der Hausbesitzer (Hildenbrand) blieb im Volksgedächtnis.

Bis zum Jahre 1908/09 waren die Häuser und Häuschen mit fortlaufenden Nummern gezeichnet. Die Zählung begann in Unterschweinheim bei der Mühle jenseits des seit 1876 aufgeworfenen Bahndammes und führte von da bachaufwärts zur Fischer- und Leidersbacher-, Rosengasse usw. Als mit dem Ende des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts sich die Häuser mehrten und folglich viele Bruchnummern entstanden, erhielten nur die Häuser der einzelnen Straßen fortlaufende Nummern, wie in den Städten, und mussten infolgedessen auch die Straßen eine offizielle Bezeichnung erhalten.

Sowohl die zweistöckigen als einstöckigen Häuser älteren und ältesten Datums haben zur ebenen Erde meist nur einen Raum für 2 Zimmer, eine Küche und etwas Hausflur. Die engen Räume boten Gefahren für die Gesundheit und Sittlichkeit. Dieser Umstand gab auch in neuester Zeit den staatlichen Behörden Anlass, darauf zu dringen, dass für zahlreichere Familien erweiterte Wohnungsräume gefordert werden. Darum werden jetzt zumeist nur Häuser mit 3 Zimmerwohnungen gebaut; auch die einstöckigen Häuser bekommen, weil meist zur Vermietung bestimmt, in den oberen Räumen durch Aufbau eines Kniestockes mit Mansarden den gleichen Raum, wie zur ebenen Erde.

Fortsetzung zu "Häuser und Straßen des Dorfs (2/5)" mit  Weiter >