Neujahr

Die Kinder werden von Ihren Paten und Patinnen mit Brezeln beschenkt. Vor Jahren wurden von Burschen und Männern bei Bäckern und Wirtslokalen mit Karten Bubenschenkel ausgespielt. (Bubenschenkel – ein eigenartig geformter großer Weck) (Das Kartenspiel wurde „sicheln“ genannt.)

Der Brauch mit den Neujahrsprezeln ist bis heute erhalten geblieben. Patinnen und Paten schenken ihren Patenkindern Prezeln bis zu 50 cm Länge bis sie zur Firmung gehen und manche auch noch bis die Patenkinder 18 Jahre alt sind.

Hl. Drei Könige

Erwachsene ärmere Heimatgenossen gingen von Haus zu Haus und sangen ein dem Festtage angepasstes Lied: „Drei König führt die göttlich Hand, durch einen Stern im Morgenland.“ Die Sänger wurden dafür mit Brot, Äpfeln, Birnen und Nüssen beschenkt.

Soweit ich mich zurück erinnern kann – bis etwa 1928/29 – gab es keine Erwachsenen als Dreikönige. Meine zwei Brüder, damals zwischen 14-16 Jahre alt, verschafften sich als Dreikönige verkleidet ein kleines Taschengeld. Mein ältester Bruder, damals zwischen 21 und 23 Jahren alt machte da schon nicht mehr mit.
Einen Teil des heruntergeleierten Spruches habe ich noch gut im Kopf:
 „Hoch über Palästinas Grenzen, fing ein heller Stern an zu glänzen. Draußen im Wald, da ist es so kalt, da könnt` man erfrieren, sein Leben verlieren.“
Als Dank für erhaltene Gaben: „Ihr habt uns eine Verehrung gegeben, das Jahr sollt ihr in Frieden verleben. Friede, Freud` kein Jammertal wünschen wir euch zum neuen Jahr. Vater, Mutter und Kind, und alle die im Hause sind.“
Falls man ohne Verehrung wieder abziehen musste, soll es – angeblich – zu folgendem Spruch gekommen sein: „Ihr habt uns keine Verehrung gegeben, das Jahr soll euch am Stuhlbein rumschweben. Kein Fried´, keine Freud`, ein Jammertal wünschen wir euch zum neuen Jahr.“  
Wahrscheinlich kam es dann nicht mehr zum letzten Teil des Spruches: Vater, Mutter und Kind ..., weil die Dreikönige gut daran taten, das Haus schleunigst zu verlassen!

Fronleichnam

Während der Gottesdienstlichen Handlungen trugen die Ministranten Buchskränze auf dem Kopfe. Sie sowie die Blumenstreumädchen wurden am Fronleichnamstage mit Rosenwecken beschenkt.

Über den Brauch mit den Buchskränzen auf dem Kopf der Messdiener und der Ausgabe von Rosenwecken an Fronleichnam habe ich keine Erklärung gefunden.
Heute streuen Kinder – nicht nur Mädchen – im Kindergartenalter an Fronleichnam Blumen ohne nach Rosenwecken zu Fragen. An dem seit einigen Jahren geltenden Brauch, nach dem Umgang Wein und Brot zu spenden, nehmen die Kinder natürlich nicht teil.

Johannitag

Auf dem prächtigen Aussichtsberge „Erbig“ loderte am Vorabend ein weithin
leuchtendes Johannisfeuer.

Schon in meiner frühesten Jugend gab es das Sonnwendfeuer auf dem Sternberg (nicht Erbig). Organisiert wurde dieses Feuer vom Turnverein 1885 e.V. Schweinheim. Vor allem junge Burschen (weniger Mädchen) versammelten sich um einen Holzstoß und sangen alte Turner- und Wanderlieder. Bei Eintritt der Dunkelheit wurde der Holzstoß angezündet. Gleichzeitig leuchteten einige Feuer auch auf den Höhen der Umgebung. Besonders gut sichtbar war das Feuer bei Johannisberg. Zu Essen und zu Trinken, so wie das heute angeboten wird, gab es damals noch nicht. Nach 1933 nahmen auch die Nationalsozialisten etwas Einfluss auf das Geschehen, was sich besonders auf das Absingen Nationalsoz. Lieder auswirkte.
Das Johannisfeuer wird immer noch vom Turnverein gestaltet und findet in der Regel genau am Johannistag statt und hat großen Zulauf. Leider vermisst man in den letzten Jahren das früher so romantische Musizieren und Singen am Feuer.

Ostern

Paten und Patinnen beschenken die Kinder mit gebackenen Osterhasen, mit farbigen Ostereiern und mit Bubenschenkel.

Gebackene Osterhasen gab es in Schweinheim ganz selten und an Bubenschenkel an Ostern kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Ostereier gab es schon. Farbe zum färben der Eier kostete Geld das knapp war. Man behalf sich mit Hausmitteln. Braun wurden die Eier auch durch kochen im Malzkaffee, bunt mit Hilfe von Wasserfarbe. Wenn man Glück hatte, gab es auch mal ein kleines Schokoladehäschen. Ein Osternest im Hausgarten, hergestellt aus „Spreißel“ am Ostersamstag, und ausgelegt mit Hasenfutter (Grasblütenstängel) garantierte, dass am Ostermorgen auch was darin lag.
Heute erwarten die Kinder erheblich mehr als gefärbte Eier und Osterhasen aus Schokolade.

Erntebrauch

Der letzt heimfahrende Erntewagen, war mit einem Fichtenbäumchen geschmückt, das zu Hause über das Scheuertor genagelt wurde.

An einen solchen Brauch kann ich mich nicht erinnern und ich denke den gab es in Schweinheim nie.
Viele Schweinheimer können sich noch an die Zeit erinnern, wo die Klein- oder Feierabendbauern ihre eine oder zwei Leiterwagen voll Korn an die Dreschplätze Liebezeitstraße oder Am Herbisbach fuhren, wo schon eine lange Schlange vor der Kunkel`schen Dreschmaschine auf Abfertigung wartete. Die Wartezeit dauerte manchmal zwei bis drei Stunden und wenn der Treibriemen, der die Dreschmaschine antrieb, abgerissen war, noch länger. Das Kuh-, seltener das Pferdegespann wurde deshalb abgehängt und in den heimischen Stall gebracht. Das notwendige Nachschieben der Leiterwagen wurde dann zum Ärgernis, weil einer oder mehrere Wagenbesitzer nicht anwesend war bzw. waren. Just im dem Augenblick wo hintere Wagen vorgezogen wurden, kam der Ausgelassene angerannt, und der Streit ging los.
Zum Schmücken der letzten, bzw. der einzigen Erntefuhre hatten die Kleinbauern keine Idee. Selbst die Großbauern - die es in Schweinheim eigentlich nicht gab – lagerten das geerntete Korn bis zum Dreschen auf dem heimischen Hof im ihren Scheunen ohne die letzte Fuhre zu Schmücken. Jedenfalls habe ich solch einen Brauch nie beobachtet und keine ans Scheunentor genagelte Fichte gesehen. Das abschlagen einer Fichte im Gemeindewald wäre auch ein leicht nachweisbarer Forstfrevel gewesen, der strafbar war.

Kirchweihfest

Auch in Schweinheim wurde früher von den Burschen die Kirchweih geholt und wieder begraben. Das Kirchweihholen ging in der Weise vor sich, dass die Burschen unter Musikbegleitung mit Bierfass, Weinflaschen,  Hacke, Schippe und Fahne vom Dorfeingang durch die Ortsstraßen ins Wirtshaus zogen. Im umgekehrten Zuge erfolgte das begraben der Kirchweih. Am Ausgang des Dorfes gruben die Burschen ein Loch in die Erde, warfen Flaschenscherben hinein und bedeckten diese unter Klagengeheul.
Am Kirchweihmontag wurde ein Hammel, den die Kirchweihburschen ankauften, ausgetanzt. Im Saale brannten während des Tanzes eine Kerze, in welche ein Geldstück eingedrückt war: Jenes Tanzpaar hatte den Hammel errungen, neben dem beim Tanz das heiß gewordene Geldstück von der Kerze herunter fiel.

An den Brauch, die Kirchweih zu beerdigen, kann ich mich noch gut erinnern. Solches fand am Kerb-Montag gegen Mitternacht statt. Eine Reihe nicht mehr ganz nüchterner Burschen und Mädchen bewegten sich im Prozessionsschritt, eine primitive Strohpuppe mit sich tragend, im Saale oder Saal hinaus und ein Vorbeter „betete“ eine verfremdete Litanei, die etwa nach folgendem Text gemurmelt wurde: „Draußen im Wald ... (nachgemurmelt: Draußen im Wald), da ist es kalt .... (weiter nachgemurmelt: ...), da friert`s den Meister... , und den Gesellen ... , und den Lehrbuben A l o i s (gedehnte und hochgezogene Stimme). Das Ganze wurde eine Stimmlage höher wiederholt. Es fanden sich immer wieder neue Vorbeter mit selbst erfundenen „Gebeten“. Gleichzeitig schluchzte, jammerte und weinte der ganze Zug. Im Freien wurde dann die Strohpuppe verbrannt und weiter gejammert.
An das Abholen der Kirchweih mit Musikbegleitung, Bierfass und Weinflaschen, Hacke, Schippe und Fahne kann ich mich aber nicht erinnern und habe davon auch nichts gehört.
Was sollte beim abholen der Kirchweih mit Hacken und Schippen geschehen? Weinflaschen auf der Straße, bei der Kirchweih?
Wer sollte den Hammel ankaufen, der dann durch Zufall als Gewinn an ein Tanzpaar ging? So einfach war früher kein Preis beim Tanzen zu gewinnen.

Sonstige Bräuche

Schweinheim war früher Weinort. Noch vor 60 Jahren waren die Flurabteilunge: Bischberg, Ahlenberg, Tal, Grube, Klosterrain, Kleferrain mit Weintrauben bepflanzt. Allherbstlich kam ein Bruder vom Kapuzinerkloster Aschaffenburg und terminierte die Weintrauben.

1785 besaß das Stift St. P.u.A. Aschaffenburg 16 Morgen Weinberge, welche die Gemeinde Schweinheim der hohen Herrschaft um 6633 Gulden käuflich erwarb. Zu dem Zeitpunkt waren in Schweinheim 4 Weinbergschützen aufgestellt, die nicht bezahlt wurden, dafür aber Personalfreiheit erhielten.
Mit 40 Hektar erreichte der Weinanbau 1796 einen Höchststand in Schweinheim. 1808 waren noch 12 ha vorhanden, 1818 kostete der Eimer Wein im Herbst 13 Gulden, nach dem Abstich 16 Gulden. 1826 2 bzw. 4 Gulden. 1854 verfügte Schweinheim noch über 27 Hektar Weinland, 1893 nur noch über 4 ha. Der Rückgang war auf stark wechselnden Ertrag und völligen Missjahren zurückzuführenn Der Autor müsste 1953 seine Handschrift verfasst haben, denn er schreibt: „vor 60 Jahren“,  also 1853, gab es noch Weinberge in Schweinheim. Aber es waren nur noch Reste allenfalls am Bischberg vorhanden und nicht mehr in der Grube, Klosterrain (Klefferrain = Klosterrain) oder Thal

Es ist möglich, dass das Kapuzinerkloster einen Weinberg in Besitz hatte und ein Kapuzinermönch dafür die Weinlese bestimmte. Ansonsten waren andere Personen bestimmend für den Lesebeginn in den Weinbergen..

Gewitter

Bei heranziehendem Gewitter mussten früher vom Messner die Glocken geläutet werden. Noch heute besteht in mancher Familie der abergläubische Brauch, Birkenreisig vom Straßenschmuck an Fronleichnam unter die Dachsparren der Scheune zu Stecken, damit der Blitz nicht einschlägt.

Vor dem Bau der neuen Pfarrkirche 1895 wurden die Kirchenglocken zu profanen Zwecken missbraucht. So z.B. bei Holz-, Schafpferch- oder Ackerversteigerung, Hundevisitierung und Kinderimpfung. Mit der Einweihung der neuen Glocken am 4. August 1895 stellte Pfarrer Schweinfest diesen Unfug ein. Vielleicht wurden vor diesem Zeitpunkt die Glocken auch bei Gewitter geläutet, obwohl sich ein Gewitter noch lauter bemerkbar macht als die Glocken läuten können.
Es gibt noch heute den Brauch die an Maria Himmelfahrt geweihten Kräutersträuße im Haus aufzuhängen um Unheil fern zu halten. Dagegen ist mir nicht bekannt Birkenzweige vom Fronleichnam gegen Blitzschlag zu verwenden.

Stall

In jedem Stall hing früher ein Weihwasserbehälter; Über der Stalltüre machte man, in den Tagen vor dem 1. Mai,  mit Kreide drei Kreuze und schrieb zwischen diese die Buchstaben K. M. B. Dadurch glaubte man die Tiere im Stall gegen Hexen geschützt.

Hier scheint der Autor den Dreikönigbrauch mit dem Maibaum verwechselt zu haben. Warum sollte gerade vor dem 1. Mai die Dreikönig mit dem Zeichen K = Kaspar, M = Melchior, B = Balthasar auftauchen und die Stalltiere vor Hexen schützen?

Bürgermeisterwahl

Beim Dienstantritt des neu gewählten Bürgermeisters, wurde vor dessen Haus eine hohe, schlanke Fichte (Maibaum) aufgestellt, deren Giebel mit bunten Bändern geschmückt war. Im stattlichen Zuge mit Vorreitern an der Spitze marschierten die Wählr vor die Wohnung des neuen Bürgermeisters und beschenkten diesen mit Bund und Wein.

Über diesen Brauch kann ich nichts berichten.
Vom Mittelalter bis heute ist der Brauch eher umgekehrt: Der Bürgermeister gibt einen aus, weil er gewählt wurde.

 

25.1.2008 Josef Syndikus