Im Juni 1993 forderte die Stadtratsfraktion der Unabhängigen Bürgervertretung (UBV) insbesondere Stadtrat Hans Herold, dass mit dem Platzverbrauch sparsamer umgegangen werden müsse, um den Friedhof noch möglichst lange bürgerfreundlich mitten im Stadtteil erhalten zu können. Kritisiert wurde insbesondere, dass bei Doppelgräbern nur nebeneinander und nicht übereinander beerdigt werde. Außerdem wurde kritisch die Möglichkeit hinterfragt, den Bürgern bereits zu Lebzeiten den Kauf ihrer Grabstätten zu ermöglichen. „Da wird unnötigerweise Fläche schon frühzeitig vergeben und belegt“ kritisierte Herold und befürchtete, dass bei unveränderter Handhabung die Beerdigung von Angehörigen mitten auf dem Friedhof am Haidberg bald der Vergangenheit angehören wird, denn die Erweiterungsmöglichkeiten sind jetzt ausgeschöpft.
Verlegung des Gefallenen-Denkmals durch die Fa. Kunkel 1995 (Foto: HuGV)
1995 wurde das Gefallenen-Ehrenmal vom II. Weltkrieg in den bis dato neuesten Erweiterungsteil von 1990 verlegt. Auf einem ehemaligen Platz mit Mustergräbern wurde das alte Ehrenmal mit dem Obelisken neu aufgestellt. Zusätzlich wurde an den beiden Seiten des Obelisken Tafeln mit den Namen der Gefallenen mit den Geburts- und Sterbedaten auf Bronzetafeln gegossen. Die Initiative hierzu ging vom Schweinheimer Vereinsring, Arbeitskreis Heimatkunde aus, und wurde vom Oberbürgermeister Dr. Willi Reiland ausdrücklich unterstützt. Das neue Ehrenmal wurde im Mai 1995 vom Pfarrer Krauth eingeweiht. Die Aufstellung des Mahnmals am neuen Standort wurde von der Schweinheimer Firma Kunkel kostenlos durchgeführt.
Das Gefallenen-Ehrenmal am neuen Standort mit den beidseitigen Namenstafeln der Gefallenen (Foto: HuGV)
Kleinodien der Kunst haben oft eine längere Reise hinter sich. Das mehrere hundert Jahre alte Flurdenkmal stand früher am Fuße des Bischbergs, einem ehemaligen Weinberg, nahe am Main. Die leere, aus Stein gemauerte Nische, am ehemaligen Standort, ist dort immer noch vorhanden. Mitte der 70er Jahre spazierten der SPD-Vorsitzende Adam Büttner und seine Frau Jutta häufig hinter der Weberei Däfler an der Bahnstrecke nach Obernau entlang. Bei den Spaziergängen fiel ihrem Mann, die umgestürzte und beschädigte Muttergottesfigur mit dem Leichnam Jesu auf ihrem Schoß auf und es reifte in ihm der Gedanke diese Sandsteinskulptur dem Stadtrat zur Restaurierung vorzuschlagen. Nach erfolgter Aufarbeitung der Skulptur schlug Herr Grimm, Leiter des Stadtplanungsamtes, als künftigen Aufstellungsort die Schweinheimer Friedhofskapelle vor: „Da der alte Standplatz am Bischberg zur Gemarkung Schweinheim gehört, kann die Pieta auch nur in Schweinheim ihren weiteren Aufstellungsort erhalten“. Die „Weinbergspieta“, nach ihrem früheren Fundort nun benannt, fand jetzt im Vorraum der Leichenhalle auf dem Schweinheimer Friedhof eine neue Heimat. Ihr besonderes Kennzeichen – eine dunkelbraune Nase. Das Merkmal verdankt sie der Restaurierung, denn der neu eingefügte Sandstein dunkelte etwas nach. Trotzdem hat das Kunstwerk eines unbekannten Künstlers nichts von seinem Reiz eingebüßt. Die trauernde Mutter-Gottes wirkt sehr bodenständig und gefasst. Sie blickt ruhig ihren Betrachtern entgegen.
Weinbergspieta im Eingangsbereich der Leichenhalle (Foto: Theo Schadler)
1996 waren die Innenwände des Friedhofskapellchens durch den Kerzenrauch erneut ziemlich dunkel geworden und Schweinheimer Bürger sorgten beispielhaft und dankenswerter Weise für die Renovierung der Kapelle. Aus Anlass ihrer 60-Jahr-Feier krempelten Mitglieder des Schuljahrganges 1935/36 die Ärmel hoch und sorgten so für die Innenrenovierung der mittlerweile 47 Jahre alten Kapelle.
Der Friedhof auf dem Haidberg ist ein besonderer Ort der Ruhe und der Stille. Rundherum ragen Grabsteine, gehauene Felsblöcke und hölzerne Kreuze empor. Sie stehen da zum Gedächtnis an die Menschen, die hier einmal gelebt haben. Tausende haben hier über die Jahrhunderte ihre letzte Ruhestätte gefunden. Viele Schweinheimer, insbesonders ältere, sitzen gerne auf den Bänken, schauen über die Gräber und denken an ihre Lieben – Erinnerungen werden wach!
Theo Schadler